Geschäftsklima Textilservice-Branche
Der DTV erfasst zwei Mal im Jahr die aktuelle wirtschaftliche Stimmung in der Textilservice-Branche. Die Umfrage ist dabei sowohl an Textilservicebetriebe, Wäschereien, Reinigungen als auch Mischbetriebe adressiert. Auch bezüglich der Unternehmensgröße wird Wert daraufgelegt, dass sowohl kleine als auch große Unternehmen an der Umfrage teilnehmen.
An der aktuellen Umfrage im Sommer 2024 haben insgesamt 81 Unternehmen teilgenommen. Hierbei handelte es sich um Vertreter aller oben genannten Geschäftsbereiche. Die Mitarbeiterzahl der befragten Betriebe reichte dabei von unter 9 bis über 1.000 Beschäftigte. Der Kundenstamm der Unternehmen umfasst sowohl private, gewerbliche, als auch öffentliche Kunden. Die erhobenen Daten liefern somit einen umfassenden Überblick über das aktuelle Geschäftsklima der Branche.
Umsatz- und Gewinnentwicklung
Die aktuelle Umfrage zeigt, dass die im zweiten Halbjahr 2023 begonnene Abkühlung des Geschäftsklimas weiterhin anhält. Zuvor herrschte in der Branche noch eine Aufbruchsstimmung nach Abklingen der Pandemie.
Bei der Betrachtung des Geschäftsklimas lohnt sich ein Blick in die Details: Obwohl bei der Gesamtbetrachtung die Stimmung überwiegend positiv ist, stellt sich dies nicht in allen Branchenzweigen identisch dar. Immerhin noch 57 Prozent der Textilservice- und noch 60 Prozent der Mischbetriebe bewerteten ihre Umsatzentwicklung im 1. Halbjahr 2024 als „sehr gut“ oder „gut“. Bei den reinen Reinigungsbetrieben bewerteten dagegen nur noch 41 Prozent der Betriebe die Umsatzentwicklung in diesem Zeitraum positiv. Somit verbleibt das Geschäftsklima weiterhin besonders herausfordernd für reine Reinigungsbetriebe. Erklärungen hierfür sind geänderte Modegewohnheiten (u.a. Fast Fashion) sowie die hohe Inflation, wodurch ein größerer Teil des verfügbaren Einkommens von Privatpersonen für Grundbedürfnisse (z.B. Lebensmittel oder Wohnkosten) ausgegeben wird.
Die prognostizierte Umsatzentwicklung für das 2. Halbjahr 2024 kühlt abhängig vom Branchenzweig im Vergleich zum 1. Halbjahr nochmal ab. Die Misch- und Reinigungsbetriebe prognostizieren ein schwächeres 2. Halbjahr. Nur 55 Prozent bzw. 33 Prozent gehen von einer „sehr guten“ oder „guten“ Umsatzentwicklung aus. Die Textilservicebetriebe dagegen erwarten ein stärkeres 2. Halbjahr. Hier gehen ganze 64 Prozent davon aus, dass die Umsätze sich „sehr gut“ oder „gut“ entwickeln werden. Mit Blick auf die angespannte gesamtwirtschaftliche Situation Deutschlands bei gleichzeitig wieder steigenden Kosten für die Branche ist die Zurückhaltung der Branche bei der Prognose nicht überraschend.
Die angespannte Kostensituation macht sich auch bei der Bewertung und Prognose der Gewinnentwicklung für das 1. und 2. Halbjahr 2024 bemerkbar. 43 Prozent der Textilservice-, 41 Prozent der Misch- sowie noch 25 Prozent der Reinigungsbetriebe bewerten die Gewinnentwicklung im 1. Halbjahr 2024 als „sehr gut“ oder „gut“ ein. Die Gewinnprognosen für das 2. Halbjahr 2024 fallen dagegen positiver aus. 53 Prozent der Textilservice- und 44 Prozent der Mischbetriebe prognostizieren eine „sehr gute“ oder „gute“ Gewinnentwicklung für das 2. Halbjahr 2024. Bei den reinen Reinigungsbetrieben erwarten unverändert 25 Prozent eine solche Gewinnentwicklung.
Vergleicht man die Bewertung und Prognose der Gewinnentwicklung mit jenen der Umsatzentwicklung, so wird deutlich, dass die Branche nicht davon ausgeht, dass steigende Umsätze im selben Verhältnis zu steigenden Gewinnen führen werden. Dieser Trend zeigte sich bereits bei den vergangenen Geschäftsklimaumfragen. Das Umsatzwachstum wird somit voraussichtlich vor allem zur Begleichung steigender Kosten sowie zur Deckung des steigenden bürokratischen Aufwands verwendet.
Personalmangel, steigende Kosten und Bürokratie sind zentrale Herausforderungen
Laut der aktuellen Geschäftsklimaumfrage verbleibt der Fachkräftemangel auch weiterhin die Herausforderung mit dem größten Einfluss auf die Unternehmensentwicklung. Während der Pandemie mussten einige Betriebe die Produktion drosseln, Personal ist abgewandert. Jetzt, wo der Bedarf an textiler Versorgung in vielen Segmenten wieder deutlich über dem Pandemie-Niveau liegt, droht in manchen Marktsegmenten eine Unterversorgung. Gleichzeitig werden die Auswirkungen des demographischen Wandels spürbar.
Die Personalunterversorgung in der Branche ist bereits erkennbar – 66 Prozent der befragten Unternehmen gaben in der Umfrage an, Schwierigkeiten bei der Besetzung offener Stellen zu haben. Damit ist der Wert um 10 Prozent im Vergleich zur vorherigen Umfrage gesunken, eine weitere Entspannung der Personalsituation wird aber seitens der Unternehmen in den kommenden nicht erwartet. Während noch 41 Prozent der Textilservice-, 52 Prozent der Mischbetriebe und 50 Prozent der Reinigungen im 1. Halbjahr 2024 das Verhältnis zwischen Mitarbeiterzu- und Abgängen als „sehr gut“ oder „gut“ bewerteten, fallen die Prognosen für das 2. Halbjahr weniger positiv aus. So schätzen nur noch 33 Prozent der Textilservice-, 15 Prozent der Mischbetriebe sowie 33 Prozent der Reinigungen das Verhältnis zwischen Mitarbeiterzu- und Abgängen „sehr gut“ oder „gut“ ein.
Neben dem Fachkräftemangel werden die wachsende Bürokratie sowie steigende Kosten und Abgaben (insb. Energie- und Lohnkosten) als die größten Herausforderungen genannt. Weitere zentrale Themen in der Branche sind unter anderem Unternehmensnachfolge, politische Unsicherheit, Digitalisierung und Nachhaltigkeit.
Die hohen Preis- und Kostensteigerungen sowie tarifbedingte Steigerungen der Lohnkosten 2024 erhöhen den Kostendruck auf die Branche noch weiter. Da die Personalkosten je nach Betriebsart und Produktportfolio zwischen 45-60 % der Gesamtkosten ausmachen, fällt diese Entwicklung besonders schwer ins Gewicht. Der Kostenindex für den Textilservice stieg von 102 Punkten Ende 2021 auf 126 Punkte Ende des 1. Quartals 2024. Der Kostenanstieg in Höhe von knapp 24 Prozent innerhalb von etwas über zwei Jahren stellt die höchste Steigerung seit Einführung des Kostenindex dar (Weitere Informationen zum Kostenindex finden Sie hier). Diese Kostenentwicklung spiegelt sich auch deutlich in der Geschäftsklima-Umfrage des DTV wider.
Über 73 Prozent der Betriebe gaben an, von höheren Einkaufspreisen für Textilien betroffen zu sein während 65 Prozent angaben, von höheren Wasch- und Lösemittelpreisen betroffen zu sein. Von höheren Gaspreisen berichteten 44 Prozent der Befragten. Mögliche Ursachen für den geringeren Anteil können einerseits das Vorhandensein von längerfristigen Lieferverträgen sein, andererseits aber auch der allgemeine Preisrückgang für Gas.
Prognosen zur Unternehmensentwicklung im 2. Halbjahr 2024
Circa 56 Prozent der befragten Unternehmen geht davon aus, dass sich die Umsätze im 2. Halbjahr 2024 positiv entwickeln werden. Eine positive betriebliche Auslastung erwarten 57 Prozent der Unternehmen. Die Prognosen fallen im Vergleich zu den Prognosen der letzten Umfrage deutlich positiver aus – hier lagen beide Werte noch unter 50 Prozent. Die Branche scheint positiv in die Zukunft zu blicken. Die Prognose bezüglich des zukünftigen Investitionsniveaus fällt weniger positiv aus. Ungefähr 37 Prozent der Unternehmen erwarten hier eine gute oder sehr gute Entwicklung. Eine mögliche Ursache für die Zurückhaltung bzgl. Investitionen stellen die allgemeinen Unsicherheiten über die wirtschaftlichen Perspektiven der deutschen Wirtschaft dar. Durch die steigenden Kosten gehen die Unternehmen zudem davon aus, dass die wachsenden Umsätze weiterhin nicht im selben Umfang in Gewinne umgewandelt werden können. Hierdurch bleibt weniger Geld für nichtexistenzielle Investitionen übrig. Hinzu kommen die stark gestiegenen Finanzierungskosten. Im Vergleich zu Ende 2021 hat sich der Indexwert für Finanzierungskosten im DTV Kostenindex für das 1. Quartal 2024 von 100 auf 380 Punkte erhöht.
Ausblick
Die beiden aktuell größten Herausforderungen für die Branche sind der Fachkräftemangel sowie die steigenden Kosten. Zusätzlich bündeln immer neue bürokratische Anforderungen weitere Ressourcen in den Unternehmen. Hierdurch wird ein positiver Blick in die Zukunft zwar immer herausfordernder für die Unternehmen, doch die Branche blickt mutig nach vorne. Denn am Horizont warten auch neue Geschäftsfelder und -modelle, welche zukünftig das Geschäftsklima positiv beeinflussen können. Diese ergeben sich vor allem aus den anhaltenden Nachhaltigkeitstrends.
Ein mögliches neues Geschäftsfeld wäre zum Beispiel die Versorgung mit und Reinigung von Wäsche im Bereich der ambulanten Pflege. Die Bruttowertschöpfung ambulanter Pflegeeinrichtungen erreichte in Deutschland zwischen 2012 und 2021 durchschnittlich ein Wachstum von 7,7 Prozent p.a. 2021 betrug sie insgesamt 21,5 Milliarden Euro (Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz). Durch die demographische Entwicklung der Bevölkerung ist davon auszugehen, dass dieser Bereich auch in Zukunft weiterwachsen wird. Hieraus ergeben sich Geschäftschancen vor allem für lokale und regionale Textilservice-Anbieter. Weitere Details zum Potenzial dieses Marktes finden Sie in dieser Publikation: https://www.dtv-deutschland.org/healthandcaretextile2035/.
Der von der EU geplante digitale Produktpass kann zusätzlich zu einer Verbesserung des Branchenimages führen. Denn Ziel dieses Produktpasses wird es sein, den ökologischen Fußabdruck von Produkten für Verbraucher*innen sichtbarer zu machen. Der Textilservice mit seinem etablierten Kreislaufwirtschaftsmodell, seiner materialschonenden Textilpflege und umfangreichen Reparaturdienstleistungen wird von dieser Transparenz profitieren.
Auch im Bereich der öffentlichen Beschaffung kann die Branche von Nachhaltigkeitstrends profitieren. Unter dem Begriff „Green Public Procurement“ soll Beschaffung zukünftig nachhaltiger gestaltet werden. Insbesondere die Textilservice-Anbieter haben Dienstleistungen im Angebot, welche im Rahmen dieser Initiative Geschäftschancen entstehen lassen können.
Die Branche kann zudem von der Transformation der linearen Wirtschaft in eine Kreislaufwirtschaft enorm profitieren. In diesem Rahmen nimmt auch das Thema Textilrecycling europaweit an Schwung auf. Hier könnten zukünftig innovative Geschäftsmodelle entstehen. Insbesondere die Sortenreinheit der Alttextilien in der Branche macht jene attraktiv für Sortierer und Recycler.
Weitere Informationen zum Geschäftsklima
Detailliertere Informationen und Daten zur Geschäftsklimaumfrage liegen vor und können auf Anfrage zur Verfügung gestellt werden. Ihr Ansprechpartner aus der Geschäftsstelle ist Herr Stefan Cieslak. Kontaktieren Sie ihn sehr gerne unter cieslak@dtv-deutschland.org
Die nächste Umfrage wird Anfang des kommenden Jahres durchgeführt. Im Anschluss werden die aktualisierten Ergebnisse auf dieser Seite veröffentlicht.