Branchentreffen Textilservice Gemeinsam mit Kunden und Lieferanten Textilkreisläufe weiterentwickeln
Berlin, 20.09.2024 – Über 400 Mitglieder, Förderer und Partner des Deutschen Textilreinigungs-Verbandes (DTV) und der Gütegemeinschaft verantwortungsvoller Textilservice kamen Mitte September zum ersten gemeinsamen Branchentreffen Textilservice zusammen. Unter dem Motto „Neu denken. Kreisläufe schließen.“ diskutierten die Teilnehmenden mit Kunden und Lieferanten, wie das bestehende Kreislaufwirtschaftsmodell gemeinsam weiterentwickelt werden kann.
Zum Auftakt diskutierten der stellvertretende Vorsitzende der CDU-Mittelstandsunion, Dr. Matthias Heider, DTV-Vizepräsident Henrik Bier und Viola Wohlgemuth, ehemalige Greenpeace-Mitarbeiterin und Konsum-Expertin mit Schwerpunkten u.a. im Bereich Textilien. Frau Wohlgemuth zeigte eindringlich auf, dass es auch aus ökologischen Gründen großen Handlungsbedarf gebe, Textilabfälle zu reduzieren. Sie sah den Textilservice als Kreislaufwirtschaftsmodell anderen Branchen bereits in vielerlei Hinsicht voraus – zumindest im Geschäftskundenbereich. Im Privatkundensegment hingegen gebe es noch viel unerschlossenes Potenzial. Hier müsse sich die Branche selbstbewusster als Lösungsanbieter platzieren. Dr. Heider wiederum machte in seinen Ausführungen deutlich, dass er bei der weiteren Förderung von Kreislaufwirtschaftsmodellen vor allem auf steuerliche Anreize und Unterstützung durch Forschung und Entwicklung im Bereich Recycling setzt. DTV-Vizepräsident Henrik Bier schilderte zudem eindrücklich, dass es für die Umsetzung einer textilen Kreislaufwirtschaft auch ausgebildeter Fach- und Arbeitskräfte bedarf.
Bereits bei Produktauswahl werden Weichenstellungen getroffen
Auch wurde klar: Bei der Weiterentwicklung des Geschäftsmodells und beim Schließen des Kreislaufs am Ende des Lebenszyklus der Textilien geht es nur gemeinsam in der Lieferkette und mit den Kunden. In einer Paneldiskussion mit Bastian Becker (Meliá Hotels International), Andreas Fastenau, (Leo System) und Henning Siemens (CWS Workwear International) wurde deutlich, dass bereits bei der Produktauswahl Weichenstellungen zur Nachhaltigkeit getroffen werden. Herr Siemens plädierte dafür, dass die Textilauswahl eben nicht nur unter modischen Gesichtspunkten getroffen werden sollte. Genauso seien Aspekte des Öko-Designs zu berücksichtigen, um Pflege, Reparatur und Recycling der Textilien zu erleichtern. Hier sei eine enge Abstimmung zwischen Hersteller, Textilservice und Kunde notwendig, um diesen Anforderungen gerecht zu werden.
Zur Erschließung des bisher nicht erschlossenen Potenzials der Branche im Privatkundensegment wurden zudem kreative Wege in der Paneldiskussionen erörtert. Beispielsweise könnten Geschäftskunden in der Hotellerie oder auch Pflege ihren Beschäftigten die professionelle Aufbereitung und Pflege ihrer Privatkleidung als Mitarbeiterbenefit anbieten.
Berichterstattung gewinnt an Bedeutung
Im Gespräch mit Isabelle Ilori-King (WEITBLICK), Jonas Stracke (Gesamtverband der deutschen Textil- und Modeindustrie), Andreas Bothe (Dialog Textil-Bekleidung) und Moritz Schäpsmeier (Sitex - Textile Dienstleistungen) wurde deutlich, dass es gemeinsamer Anstrengungen bedarf, um beispielsweise gesetzlichen Berichtserstattungspflichten oder auch künftigen gesetzlichen Anforderungen zu erweiterten Herstellerverantwortung nachkommen zu können. Wie eine erweitere Herstellerverantwortung im Sinne von Rücknahmesystemen erfolgreich umgesetzt werden kann, zeigte Dr.-Ing. Julia Hobohm (Gemeinsames Rücknahmesystem Servicegesellschaft) in einem Impulsvortrag anhand des Beispiels von Batterien auf. Auch für Textilien wird es zeitnah zu Rücknahmesystemen kommen. Wie sich die Textilpflegebranche hier als Lösungsanbieter platzieren kann, wird derzeit allerdings noch diskutiert.
Der wachsende Stellenwert der Nachhaltigkeitsberichterstattung wurde darüber hinaus in einer Keynote von Wiebke Merbeth, Mitglied des Sustainable Finance Beirates der Bundesregierung, deutlich. Banken müssten künftigen nach den Vorstellungen der EU auch ökologische Kriterien bei der Kreditvergabe berücksichtigen. Um weiter Zugang zu günstigen Finanzierungsinstrumenten zu haben, müssten sich Unternehmen daher zunehmend damit auseinandersetzen, wie sie bestimme Nachhaltigkeitskennzahlen erfassen und aufbereiten. Christoph Geppert (Grain Sustainability) zeigte in einem Impuls auf, wie sich in diesem Zuge beispielsweise die CO2-Fußabdruckberechnung umsetzen lässt. Martin Rauch (JENSEN-GROUP) zeigte in einem weiteren Impuls auf, wie die Zulieferindustrie nicht nur bei der Verbesserung des Rohstoffverbrauches, sondern auch bei der Erfassung von Kennzahlen unterstützt.
Die Verantwortlichen des DTV und der Gütegemeinschaft zogen ein positives Fazit zur ersten gemeinsamen Veranstaltung. Nicht nur bot die gemeinsame Veranstaltung die Gelegenheit, einen größeren Kollegenkreis als auf den Einzelveranstaltungen zu treffen, sondern es wurde auch deutlich, dass die Branche nur zusammen gehört wird und Veränderungen bewirken kann.
Aufgrund des 50-jährigen Jubiläums des DTV wird der kommende DTV-Jahreskongress jedoch zunächst wieder im gewohnten Format durchgeführt werden. Der Jubiläumskongress wird vom 10. bis 12. September 2025 in Berlin stattfinden.